Erfahrungsberichte:

Pille & Thrombose

In der Presse finden sich aktuell Berichte über Thrombosen bzw. Lungenembolien bei jungen Frauen, die eine bestimmte Art von Pille genommen haben, solche mit dem Gestagen Drospirenon. Dies ist in einigen neueren Pillen enthalten. Der Vorteil dieses neuen Wirkstoffes ist, dass es die Wirkung des männlichen Geschlechtshormons aufhebt, es ist antiandrogen wirksam. Auch Frauen haben geringe Mengen des männlichen Geschlechtshormons in ihrem Körper.
In der Tabelle sind einige dieser Präparate aufgeführt.

Präparat Östrogen Einnahmeschema
Yasmin 30 µg 21 / 7
Petibelle 30 µg 21 / 7
Yasminelle 20 µg 21 / 7
aida 20 µg 21 / 7
YAZ 20 µg 24 / 4

Die heutigen ‘Pillen’, eine Kombination von zwei Hormonen, gehören zu den am besten untersuchten und am häufigsten angewendeten Arzneimitteln. Auch drospirenonhaltige ‘Pillen’ wurden und werden weltweit gründlich und umfassend untersucht.
Die meisten ‘Pillen’ enthalten Östrogen und Gestagen. Das erhöhte Risiko für eine Thrombose ist durch das Östrogen bedingt und ist umso größer je mehr Östrogen ein Präparat enthält. Das Risiko einer Thrombose ist bei allen Kombinationspillen in den ersten Monaten der Einnahme etwas höher. Um das Risiko für eine Thrombose zu reduzieren, enthalten moderne Kombinationspillen eine sehr geringe Östrogendosis (15 bis 30 Mikrogramm). Das Risiko an einer Thrombose zu erkranken ist auch von anderen Faktoren abhängig und unterscheidet sich von Frau zu Frau. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, um zu erfahren, ob Sie ein erhöhtes Risiko aufgrund familiärer Vorbelastung oder anderer Risikofaktoren haben.

Was ist eine Thrombose?

Eine Thrombose ist ein Blutgerinnsel, das ein Blutgefäß verstopft. In seltenen Fällen kann ein Thrombus von seinem Entstehungsort fortgeschwemmt werden, bis er in einem kleineren Blutgefäß steckenbleibt. Eine solche „Thromboembolie” kann zu verstopften Blutgefäßen z.B. in der Lunge führen – eine möglicherweise lebensbedrohliche Situation.

Venöse Thrombose: Blutgerinnsel in einer Vene (diese transportieren Blut aus dem Körper zurück zum Herzen) oder in der Lunge sind eine sehr seltene Nebenwirkung bei schwangeren Frauen und Frauen, die hormonelle Verhütungsmethoden mit Östrogen anwenden (Kombinationspille, Verhütungsring oder Verhütungspflaster).

Häufigkeiten:

  • bei 100.000 Frauen im gebärfähigen Alter die keine Pille nehmen und nicht schwanger sind treten pro Jahr zwischen 5-10 venöse Thrombose auf
  • bei 100.000 schwangeren Frauen oder Wöchnerinnen treten pro Jahr etwa 60 venöse Thrombosen auf
  • bei 100.000 Frauen, die eine Kombinationspillen einnehmen, treten pro Jahr 20 bis 40 venöse Thrombosen auf

Das Risiko für eine Thrombose bei Pilleneinnahme ist insgesamt sehr niedrig. Frauen mit familiär erhöhtem Thromboserisiko oder einer Thrombose in der Vorgeschichte sollten keine kombinierten hormonellen Verhütungsmittel anwenden. Gestagenpillen oder die Hormonspirale „Mirena“ (www.mirena.info ) sind für diese Frauen eine gute Alternativen, weil sie kein Risiko für eine Thrombose darstellen.

Folgende Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer venösen Thrombose:

  • genetisch bedingte (vererbte) Thromboseneigung
  • Übergewicht
  • längere Ruhigstellung (z.B. aufgrund von Operationen, erkrankungen, Unfällen oder Langstreckenflügen)
  • zunehmendes Lebensalter

Symptome einer venösen Thrombose/Thromboembolie:

  • einseitige Schwellung des Beines oder Schwellung entlang einer Beinvene
  • Schmerzen oder Spannungen im Bein
  • plötzliches Auftreten von Atemnot und beschleunigter Atmung ohne erkennbaren Grund
  • plötzlich auftretender Husten
  • Brustschmerz, der sich beim tiefen Atmen möglicherweise verstärkt
  • Angstgefühl
  • starke Benommenheit oder Schwindel
  • stark beschleunigter oder unregelmäßiger Herzschlag

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Arterielle Thrombose: eine Thrombose kann sich auch in einer Arterie bilden. In den Arterien wird Blut vom Herzen zum übrigen Körper sowie zum Gehirn befördert. Eine arterielle Thrombose tritt häufig in Verbindung mit einer anderen Erkrankung, der Arteriosklerose, auf. Die Arteriosklerose wird auch als eine „Verkalkung der Arterien” bezeichnet. Es ist eine chronische Erkrankung, bei der sich die Arterienwände verdicken und verhärten. Als Folge davon werden die Blutgefäße zunehmend enger, was den Blutstrom verlangsamt und die Bildung von Blutgerinnseln begünstigt, die dann wiederum die Arterie verstopfen können. Arterielle Thrombosen können auch durch Verletzungen der Blutgefäße, Entzündungen oder Infektionskrankheiten entstehen. Die arterielle Thrombose ist eine sehr seltene Nebenwirkung von Östrogen-Gestagen-haltigen Verhütungsmitteln (Pille, Verhütungsring oder Verhütungspflaster) und kann beispielsweise zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen.

Folgende Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Arteriellen Thrombose:

  • zunehmendes Lebensalter
  • Rauchen
  • hoher Cholesterinspiegel
  • Diabetes
  • Bluthochdruck
  • Migräne mit Aura
  • Übergewicht
  • Thrombosen in der Familiengeschichte
  • Herzklappenerkrankungen
  • Vorhofflimmern (unregelmäßige und beschleunigte Herzfrequenz)

In einer  großen Studie aus dem Jahr 2007 (Dinger et al.) wurden ca. 60.000 Frauen alle 6 Monate untersucht, die Kombinationspillen mit Drospirenon, Levonorgestrel, sowie anderen Gestagenen einnahmen:

Das Risiko einer Thromboembolie lag bei:

8,0 Fällen auf 10.000 Frauenjahre unter Levonorgestrel (Pillen der 2. Generation)

9,1 Fällen auf 10.000 Frauenjahre unter Drospirenon („neue Pillen“)

9,9 Fällen auf 10.000 Frauenjahre bei Gestagenen der 3. Generation (Desogestrel, Gestoden)

Somit liegen Pillen mit dem Gestagen „Drospirenon“ in ihrem Risiko eine Thrombose auszulösen zwischen dem allgemein bekannten Risiko von Pillen der 2. und Pillen der 3. Generation.

Eine aktuell veröffentlichte Studie aus dem British Medical Journal kommen für Drospirenon und andere Gestagene im Vergleich zu Levonorgestrel zu einem anderen Schluss. Im Vergleich zu Levonorgestrel führten in dieser Studie Gestagene wie Desogestrel, Gestoden, Drospirenon und Cyproteronacetat  zu einem höheren Thromboserisiko. Diese Studien basieren auf Registerauswertungen und enthalten erhebliche methodische Fehler. Bei der Auswertung wurde z.B. nicht berücksichtigt, ob eine familiäre oder genetische Belastung mit einer Thrombophilie vorlag. Ebenso wurde das Körpergewicht (BMI) nicht in den Auswertungen berücksichtigt, was insofern relevant ist, als bereits 2007 gezeigt wurde, dass Drospirenon mit seiner leicht entwässernden Wirkung häufiger Frauen mit einem erhöhten Körpergewicht (BMI) verschrieben wurde, welche allein durch das Übergewicht ein erhöhtes Risiko für Thrombosen mitbringen. Weiters wurde nicht zwischen Erst- und Langzeitanwenderinnen unterschieden, was das Ergebnis verzerrt.

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Es ist der aktuellen Datenlage entsprechend anzunehmen, dass das Risiko für Thrombosen und Embolien durch neuere Gestagene wie Drospirenon, Desogestrel, Norgestimat und Gestoden überschätzt wird. Es liegen aktuell keine prospektiven Daten dazu vor.

Aufgrund der bekannten Zahlen (10 Thrombosen bzw. Embolien auf 10.000 Frauenjahre unter Kombinationspillen) und der Tatsache, dass mehrere Millionen Frauen kombinierte orale Kontrazeptiva einnehmen, kann man errechnen, dass täglich Thrombosen und Embolien unter diesen Medikamenten entstehen werden. So bedauerlich und schwerwiegend jeder Einzelfall ist, ist es nur schwer nachvollziehbar, dass die Zeitungsberichte in erster Linie  drospirenonhaltige Präparate betreffen und es bleibt die Frage offen, warum nicht über anderen Präparate und entsprechende Ereignissen berichtet wird.

Eine Umstellung auf nicht-drospirenonhaltige kombiniertes orale Kontrazeptiva ist nach Vorliegen der aktuellen Daten nicht notwendig.  Das bestätigt auch der aktuelle Bericht der European Medicines Agency (EMA) vom Mai 2011: ” There is no reason for women to stop taking drospirenone-containing COCs, such as YASMIN and YASMINELLE, or any other COC on the basis of this review.” Bei Fehlen sonstiger Risikofaktoren sollte eine Pille mit möglichst geriner Östrogendosis eher hinsichtlich der Wirkung des Gestagens ausgsucht werden, als nach dem Thromboserisiko, das dem Gestagen zugschrieben wird.